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Hochbegabung in Unternehmen

Ein kleiner Zwischenbericht aus persönlichen Erfahrungen



In den letzten Monaten habe ich mich intensiver mit der Befragung zu „Hochbegabten in Unternehmen“ beschäftigt. Nun, ich bin eine Freundin offener Worte, daher lasst es mich so fassen:

Wir haben noch viel zu tun!

Wo stehen wir also?

  • Das Wissen um hochbegabte MitarbeiterInnen ist entweder überhaupt nicht vorhanden

  • „man hat darüber schon mal etwas gehört, vermutet es im eigenen Unternehmen aber eher nicht“

  • bis hin zum seltenen Fall, dass man gezielt Personen im Bewerbungsprozess eine Art kleinen IQ-Test durchlaufen lässt.

Auch in großen Unternehmen, die mit Inklusionsbeauftragten arbeiten, wird das Thema Hochbegabung leider viel zu selten aufgegriffen.


Nun drängt sich ein wenig die Frage nach dem Warum auf - gehen wir daher einen Schritt zurück und betrachten das „Phänomen“ einmal gesamtgesellschaftlich.

Sobald mich jemand nach meinem Beruf fragt, kommen wir um das Thema Hochbegabung nicht herum. Die Reaktionen sind hier denen der Unternehmen sehr ähnlich:

„Hochbegabung!? Betrifft mich nicht!"

- Vielleicht ja doch?


Beispielsweise allein in Deutschland sind statistisch mindestens 1,8 Mio Menschen hochbegabt. Und es kommt noch besser: die wenigsten wissen davon!

Bei unIQate-internen Umfragen kam heraus, dass die überwiegende Mehrheit nicht mit ihrem Arbeitgeber über die eigene Hochbegabung sprechen würde. Angst vor Unverständnis, überzogenen Erwartungen, aber auch Scham halten viele hochbegabte Frauen davon ab „die Karten auf den Tisch zu legen“. Viele möchten kein Konkurrenzdenken auslösen oder Neid schüren, denn der Begriff „Hochbegabung“ wird leider noch immer mit „geistiger Elite“ oder anderen unnötigen Vorurteilen verknüpft. Ein Lichtblick bleibt jedoch, denn auch wenn hochbegabte Frauen zum Anpassen und „nach-unten-Korrigieren“ neigen, waren laute Stimmen:

"Ich glaube der Begriff Hochbegabung ist für Chefs und Kollegen nicht präsent, aber wenn die Leistung, die Kreativität oder das komplexe Denken überdurchschnittlich sind, fällt das schon auf. Ich werde mich nicht direkt outen, verstecken werde ich mich aber auch nicht."


Natürlich ist Hochbegabung alles andere als eindimensional. Oft resultiert eine gewisse Ablehnung auch aus der Unwissenheit heraus oder man verknüpft Annahmen damit, die nicht der Wahrheit entsprechen. Auch diese Erfahrungen werden innerhalb der Community geteilt:

"Weil unter "Hochbegabung" meist etwas ganz anderes verstanden wird als es tatsächlich ist. Viele meinen, wenn man hochbegabt ist, fällt einem einfach alles leicht und man „könne alles viel besser“. Das damit Kommunikationsprobleme, andere Wahrnehmungen und auch Empfindungen einhergehen, weiss oft keiner. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Kollegen/Vorgesetzten genauer über Hochbegabung informieren und wirklich verstehen (wollen) ist aus meiner Erfahrung leider extrem gering. Und Zack... gilt man als noch sonderbarer und alles, was irgendwie vorfällt, wird dann in die Schuhe des Sonderlings geschoben..."


Hochbegabung kommt mit vielen Gesichtern. Es wäre daher bereits ein Gewinn, wenn wir uns vom geistigen Bild „des/der typischen Hochbegabten“ lösen. (Albert Einstein ist hier auch im Bereich der Höchstbegabung anzusiedeln)

Versuchen wir es auszuweiten; in der Literatur wird man folgende Skizzierungen finden können:

  • der zerstreute Professor

  • die Grenzgängerin

  • die späte Künstlerin

  • die Asketin

  • der Zweifler

  • die Schillernde

  • der Perfektionist

  • die Intellektuelle

  • der Nonkonformist


Festzuhalten ist Hochbegabte nehmen ihre Umwelt teilweise anders wahr, so auch im Beruf. Sie nehmen beispielsweise mehr Informationen auf, verarbeiten sie schneller und in größeren Kontexten, hinterfragen kritischer. Daher eignen sich für hochbegabte Menschen gut Nischen, die andere vielleicht eher meiden. Die Eine ist unglaublich gut darin “Fehler im System zu erkennen”, wohingegen andere holistisch schnell Gegebenheiten überblicken oder aber daraus querdenkend Neues entwickeln können. Ob der Weg dann unweigerlich “nach oben” führen muss, steht übrigens wieder auf einem ganz anderen Blatt. Viele Hochbegabte fühlen sich durchaus auch als BeraterInnen sehr wohl.

Also keine allgemeine Forderung nach alleiniger Weltherrschaft! ;)

Hochbegabte werden zu Unrecht oft eher als Bedrohung wahrgenommen, als dass man die wirtschaftliche (aber auch gesellschaftliche) Chance in den Vordergrund stellt.

Aber zurück zu den Unternehmen, denn hier soll auch Mut gemacht werden. Und irgendwo muss der Kreis durchbrochen werden: Einem Unternehmen, das sich ehrlich und authentisch um seine Mitarbeiter bemüht, sollte man mit Offenheit begegnen können. Im Hinterkopf ist zu behalten, dass beide Seiten im Idealfall gewinnen! Mit der Akzeptanz der Thematik benötigen Hochbegabte Abwechslung und Herausforderung, Platz zum wachsen oder „thematischen Ausbreitung“, aber auch Autonomie und Anerkennung der Leistung sind nennenswert. Beispielsweise abteilungsübergreifend arbeiten zu können oder einen Vertrauensvorsprung bei zunächst exotisch wirkenden Ideen, sind für Hochbegabte ein wichtiges Zeichen der Wertschätzung wovon im Umkehrschluss auch das Unternehmen profitieren kann. Unterforderung durch Langeweile und Routine haben einen wirklich negativen und körperlich spürbaren Einfluss auf Hochbegabte. Und wohingegen die eine viel Freiraum und Autonomie wünscht, benötigt ein anderer Hochbegabter eher klare Strukturen mit festen Zuständigkeiten - was uns wieder zurück zur Offenheit bringt.

Nun, ich bin eine Freundin offener Worte, daher lasst es mich so fassen: Wir haben noch viel zu tun!

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